Die Geschehnisse in der Düsseldorfer Altstadt beschäftigen uns in der Redaktion sehr. Die Menschen wollen raus, wollen feiern und halten sich dabei leider nicht an Mindestabstände. Was folgte, was die Räumung der Freitreppe am Burgplatz und der Kurze Straße in der Nacht auf Samstag und Sonntag. Mein Kollege Daniel hat direkt nach dem Wochenende in der Düsseldorfer Altstadt in seinem Kommentar eine Maskenpflicht in der Düsseldorfer Altstadt gefordert. Das sehe ich nach meinem Besuch der Altstadt am Samstag etwas anders. Ich finde zudem, dass eine Lösung zwischen Einschränkung der Gastronomie auf der einen Seite und eher freiwilligen Verhaltensregeln der Feierenden, die (gefühlt) erst kontrolliert und eingeschränkt werden, wenn es zu spät ist, niemandem während der Corona-Krise weiterhelfen. Vor allem nicht langfristig. Es folgen meine Gedanken, wie wir den Sommer doch irgendwie ohne Lockdown aufgrund einer vollen Altstadt überstehen können…
Ein lauer Sommerabend. Volle Terrassen, volle Altstadt. Freunde treffen, trinken, quatschen und ein wenig feiern. Die Altstadt ist am Wochenende schon sehr früh, sehr voll. Mit jungen Gästen, aber auch solchen, die vor der Corona-Zeit die Altstadt am helllichten Tag nicht betreten würden und sich nun aus einem Unterangebot an abendlichen Wochenend-Aktivitäten dort tummeln, wo besonders viel los ist. So ein gemischtes Publikum gab’s gegen 20 Uhr sonst selten in der Altstadt. Zumindest ohne Frankreichfest, Japantag und alle anderen großen Events, die dieses Jahr aufgrund der Corona-Pandemie ausgefallen sind und noch ausfallen werden. Irgendwie scheint es, als wäre Corona bei gutem Wetter selbst zum Event geworden.
“Jeder für sich und alle für einen und dennoch für sich!”: Eine Maskenpflicht in der Altstadt würde viele Probleme lösen
Pluspunkte gibt’s auf jeden Fall für größere Terrassen. Geöffnete Kneipen und Bars haben ihren Bereich auch vor geschlossenen Lokalen erweitert, so dass die Hygiene-Abstände eingehalten werden können. Fette Pluspunkte gibt’s auch für alle Kellnerinnen und Kellner, die uns bedient haben. Trotz der hohen Hitze und Nasen-Mundschutz, waren alle sehr, sehr freundlich und engagiert. Einen Pluspunkt gibt’s auch dafür, dass neue Locations entstehen, die das Event-Geschehen ein wenig entzerren wollen, so wie Autokinos, der neue Beach Club an der Stelle, wo sonst das Openair Kino stand und weitere wie auf der Tonhallen-Terrasse, die noch in Planung sind.
Doch das ist noch wenig und es geht zu langsam voran! Es muss am Wochenende weitere Angebote geben. Zum Beispiel auf der Oberkasseler Rheinwiese, wo sonst die Kirmes aufgebaut wurde. Vielleicht reichen erstmal provisorisch einige Getränkewagen, Strandliegen, Klos und etwas Musik. Fürs Erste braucht man doch eigentlich nicht mehr, um zu testen, wie das Angebot angenommen wird. Und alles müsste schnell aus dem Boden gestampft werden, damit sich die Menschen, die ausgehen wollen, auch im Düsseldorfer Zentrum stärker verteilen (können).
Sofern man das Coronavirus in Düsseldorf einschränken will, gibt es nur eine Alternative:
Genügend Ausgeh-Angebote zu schaffen und die Altstadt am Wochenende – ähnlich wie beim Glasverbot an Karneval – abzusperren und nur Personen reinzulassen, so lange es nicht zu eng auf bestimmten Straßen mit Außengastronomie wird. Alles andere ist doch ein Witz! Niemand, der in die Altstadt geht, um 10 bis 20 Alt zu trinken und sich dabei zu unterhalten, wird nach dem zweiten Bier noch einen Mundschutz tragen. Um noch mal auf den Artikel meines Kollegen Daniel zu kommen: Er hat Recht, wenn er vom psychologischen Faktor schreibt. Diesen habe ich am Samstag allerdings umgekehrt beobachtet. Nicht „Je mehr Leute eine Maske tragen, desto mehr dürften ihre ebenfalls aus der Tasche ziehen.“, sondern: Wo vereinzelnd Personen ihre Masken nicht anhatten, haben auch andere ihre Masken nach und nach abgezogen.
Ich bin kein in Panik verfallender Pandemie-Choleriker, der alle verteufelt, die nicht die Corona-App runterladen oder literweise Desinfektionsspray verwenden. Ich bin auch kein Verschwörungstheoretiker oder militanter Impfgegner. Da ich mich selbst nicht zur Risikogruppe zähle und wir in der Familie und engerem Freundeskreis keine Personen in dieser haben, mache ich mir mehr Gedanken, um die Auswirkungen des Virus im alltäglichen Leben als um die Krankheit an sich. Ob die Maßnahmen gerechtfertigt sind oder nicht – das ist eine andere Frage. Aber wenn durch das Fehlverhalten der Altstadtbesucher ein weiterer Lockdown droht oder die Lockerungen im Event-Bereich länger auf sich warten lassen, dann muss sich schnell etwas ändern – auch gerade im Sinne der Gastronomen.
Auf der Fläche des Open-Air-Kinos: Düsseldorf bekommt einen neuen Beachclub!
Nur jeder zweite Fahrgast trägt die Maske richtig
Einen Nasenmundschutz trage ich nicht aus Überzeugung, sondern aus Pflichtbewusstsein. Allerdings nur dort, wo es verpflichtend ist. Dann aber auch richtig. Selbst bei über 30 Grad in einer fast leeren U-Bahn. Doch irgendwie nervt es, wenn sich in den öffentlichen Verkehrsmitteln, die ich am Samstag benutzt habe, nur jeder zweite Fahrgast an die Maskenpflicht hält. Entweder wird gar keine Maske getragen, der Nasen-Mundschutz als Kinnstütze genutzt oder es guckt die Nase heraus.
Von Bus- und Bahnfahrern oder dem Security-Personal im Wartebereich der U-Bahn wurde übrigens während meiner Anwesenheit niemand angesprochen, der keine Maske trug oder diese falsch anhatte. Mich ärgert es nicht, weil ich Angst habe, mich anzustecken, sondern weil mein eigenes „Opfer“ den Nasenmundschutz fast 40 Minuten am Stück in einer überhitzten U-Bahn zu tragen, für die Katz‘ ist! Ich könnte es genauso auch sein lassen. Mache ich aber nicht. Besonders nervig finde ich es nicht, wenn sich 16-jährige Halbstarke nicht an die Masken-Pflicht halten, sondern Erwachsene, die eigentlich mit gutem Beispiel vorangehen sollten. Noch mehr nervt es, wenn ältere Fahrgäste, die eindeutig über 60 Jahre alt sind oder Fahrgäste, die augenscheinlich zur Risikogruppe gehören, sich nicht an die Maskenpflicht halten. Am liebsten würde ich aufstehen und schreien:
Was glaubt ihr, für wen ich diesen ganzen Mist hier mitmache?
Mache ich dann allerdings nicht. Es ist mein erster Altstadt-Besuch seit dem 8. März. Den möchte ich mir nicht mit sinnlosen Diskussionen verderben.
Immerhin halten sich vor Einbruch der Dunkelheit die Altstadt-Besucher am Burgplatz an die vorgegebenen Kreise und sitzen brav in diesen. Ausgestattet mit Bier-, Wein- und Vodka-Flaschen. Und die größte Gruppe beschränkt sich tatsächlich auf zehn Personen. Nach einem kurzen Spaziergang durch die Altstadt entdecken wir einen freien Tisch an der BAR Chérie. Neben uns am Tisch sitzen sechs asiatische Frauen. Als er frei wird, eilt eine Gruppe Männer zu diesem und setzt sich direkt hin. Panisch rennt der Kellner zu ihnen und ruft mit französischem Akzent: „Ihr müsst da am Schild warten, bis ich den Tisch desinfiziert habe.“ Die Gruppe guckt etwas verwundert. Einer von ihnen antwortet: „Aber Asiaten haben kein Corona!“ Alle lachen. Desinfiziert wird im Anschluss trotzdem – auch gegen den Willen der Gäste.
Corona-Krise in Düsseldorf: Polizei räumt erneut Teile der Altstadt
Man merkt, dass diese und auch andere Gäste einfach nur ausgehen wollen und ihr Leben genießen möchten. Den ganzen Corona-Mist vergessen wollen. Das geht aber nicht mit freiwilligen Beschränkungen und kann zur Eskalation führen, wenn erst zu spätem Abend und bei erhöhtem Alkohol-Genuss der Altstadt-Gäste durch die Polizei und das Ordnungsamt eingegriffen wird. Als wir um 23 Uhr den Weg zur U-Bahn über die Kurze Straße antreten, kommen wir ohne Körperkontakt gar nicht durch die Straße. Um diese Zeit ist auch das Foto des Artikels entstanden.
Meine Befürchtung:
Dadurch, dass die Feierenden die Abstands-Regeln und Masken-Pflicht nicht ernst nehmen, werden die Zahlen der Corona-Infizierten bei anhaltend gutem Wetter zwangsläufig steigen. Wodurch eine weitere Lockerung der Maßnahmen wie in Hamburg in weite Ferne rücken wird. Mal ehrlich: Lasst in der Altstadt alles wie es ist und führt eine (flexible) Beschränkung der Gästeanzahl auf bestimmten Straßen ein. Frei nach dem Motto: Wer zuerst kommt, feiert zuerst! Zudem muss es weitere Angebote openair und auch in geschlossen Räumen geben. Denn die Düsseldorfer und Gäste aus dem Umland wollen ausgehen und feiern und lassen sich nicht freiwillig davon abhalten auch dorthin zu gehen, wo viel los ist.
Düsseldorf darf kein zweites Gütersloh werden!
In der Altstadt und am Rheinufer: Düsseldorf malt 360 Kreise als Abstandsmarkierungen auf den Boden