Perfektion: Dead Cells im Test für Nintendo Switch

Der erste Blick auf Dead Cells dürfte viele Zocker gelangweilt die Schultern zucken lassen. Dabei gehört der Titel zu den Besten seiner Art.
Foto: Motion Twin
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Der erste Blick auf Dead Cells dürfte viele Zocker gelangweilt die Schultern zucken lassen. Mmh, Pixel. Alles schon mal gesehen. Dabei gehört Dead Cells in der (aus allen Nähten platzenden) Landschaft der sogenannten Metroidvanias und Roguelikes zu den Besten seiner Art.

Bereits zum Startpunkt der Early-Acess im Mai 2017 ließ sich erkennen, dass “Dead Cells” nicht nur ein weiteres Roguelike im Pixel-Stil ist, sondern dass hier an etwas ganz Besonderem gearbeitet wird. Kein Wunder: Das französische Entwicklerteam Motion Twin und Lead-Designer Sébastien Bénard entschieden sich gezielt für eine Veröffentlichung von Dead Cells im weit fortgeschrittenen Status.

Erfolgsgeschichte von Anfang an

Während viele Early-Access-Versionen das “Krabbeln” erst noch lernen müssen, ballerte der namenlose Held aus Dead Cells bereits gekonnt mit einem Bogen um sich, schnetzelte sich mit Schwert und Hammer geschmeidig und höchst ansehnlich durch Monsterhorden und verzückte Spieler aus aller Welt mit spannenden, zufällig generierten Level Konstrukten, fiesen Fallen und noch fieseren Bosskämpfen. Es dauerte nicht lange, bis im Lager der Indie-Connoisseure und Hardcore-Daddler der erste Hype rund um “Dead Cells” ausbrach – und den Titel so auch in die oberen Streaming-Plätze auf Twitch (alias “die beste Werbeplattform der Welt) beförderte.

Je weiter sich 2017 seinem Ende näherte, desto mehr verschwand Dead Cells dann wieder aus der Öffentlichkeit. Kein Wunder, denn im Dauerfeuer der “Großen” (Assassin’s Creed Origins, Destiny 2, Wolfenstein 2) und “Kleinen” (Cuphead) ließ das Interesse dann doch mehr und mehr nach.

Für die Entwickler kein Grund zum Trübsal blasen: Bis zum Release am 7. August 2018 arbeiteten sie eifrig weiter, integrierten neue Features, neue Waffen, neue Level, schmissen Dinge um, rissen Dinge ab – und ließen sich in vielen ihrer Entscheidungen von der fantastischen Community leiten, welche Dead Cells über all die Zeit treu blieb. Bis zum Release von Version 1.0 konnte sich der Titel bereits 850.000 mal verkaufen – ein Traum für Motion Twin!

Das ist erst der Anfang der Erfolgsgeschichte von Dead Cells: Insbesondere die Adaptionen für Konsole, allen voran natürlich die Nintendo Switch, dürften das Spiel nochmal deutlich in den Verkaufszahlen nach vorne getragen haben. Desweiteren ist Dead Cells nun auch als physische Version im Handel erhältlich.

Gefangen auf der Insel

Der Start von Dead Cells brennt sich schnell ins Gedächtnis der Spieler: Ein grüner Blob fällt aus einem Rohr hinab in eine Gefangenenzelle, krabbelt über den Boden zu einer Leiche – und belebt diese wieder. Wieder und wieder. Nach jedem Ableben landet ihr erneut in der Zelle, komplett beraubt von jeglichem Fortschritt, den ihr bis dahin erlangt habt. Das kann nicht nur frustrieren, das WIRD euch frustrieren. Es ist einfach kein gutes Gefühl, nach einem erfolgreichen Run durch die fantastischen Landschaften der Gefangenen-Insel plötzlich wieder dort anzufangen, wo alles begonnen hat.

Und dennoch gibt es Fortschritt. Mit jedem Versuch werdet ihr besser. Lernt die Muster der Gegner kennen, lernt es das Spiel zu “lesen” – später fräst ihr beinahe blind durch das Start-Level, erkennt sofort alle Geheimnisse, weicht allen Gefahren aus. Bosse, die beim ersten Mal noch episch und mit einem “Wie soll ich das bloß schaffen?”-Fragezeichen versehen waren, fallen wie die Fliegen. Dark Souls lässt grüßen.

Zudem hält auch das Spiel euren Fortschritt an einigen Stellen fest: Dank der gesammelten, blauen “Zellen” – praktisch die Währung von Dead Cells – schaltet ihr nach jedem Level-Abschnitt Heiltrank-Upgrades und eine erweiterte Waffenkammer frei. So findet ihr immer wieder neuen, nützlichen Kram, der das Spiel teils stark auf den Kopf stellt. Ebenfalls praktisch: Dank der Geldbörse bleibt zumindest ein Teil eures gesammelten Gold Vorrats beim Ableben erhalten – die Taler lassen sich beim nächsten Shop-Besuch gegen praktische Waffen und Upgrades eintauschen.

In Sachen Waffen und Upgrades will ich an dieser Stelle gar nicht weiter ins Detail gehen. Nur so viel: Es gibt so viele verschiedene Möglichkeiten euren Charakter auszurüsten, dass ihr Dead Cells selbst in einigen Monaten noch immer “anders” erleben könnt – sei es als brutaler Nahkämpfer, als Konter-König mit riesigem Schild, als Profi-Bogenschütze, oder als cleverer Fallenleger: Bärenfallen und Geschütztürme erledigen das fiese Gegner-Gesocks teils von ganz alleine.

Fazit

Dead Cells ist in seiner aktuellen Fassung nicht nur ein wahres Umfangs-Monster, sondern liefert in jedem Teilbereich pure Perfektion: Die unzähligen Möglichkeiten euren Charakter anzupassen, die stets neuen Level-Konstrukte und die wirklich punktgenaue Steuerung liefern einen starken Unterbau für einen Titel, der auch audiovisuell extrem gefällig daherkommt und alte Castlevania-Hasen binnen Sekunden bei der Peitsche hält.

Toll: Seit dem Start im Mai 2017 hat sich extrem viel getan – alleine die ganzen netten “Story-Schnipsel”, welche mir das Spiel mittlerweile in extra dafür gestalteten Level-Abschnitten vorsetzt, heben die Abwechslung nochmal auf ein neues Level.

Ich persönlich kann mich an nur wenige 2D-Titel im Lauf der letzten Jahre erinnern, welche eine so starke Sogwirkung auf mich ausgeübt haben: Hier verkommt der Tod der Spielfigur zur Nebensache – und selbst der Frust nach einem besonders kniffligen Boss (der Typ im Uhrenturm! Argh!) verblasst im Angesicht der Aussicht, seinen nächsten “Run” komplett anders zu gestalten.

Dead Cells ist in jeder Hinsicht perfekt – und ein Pflichtkauf für alle, die beim ersten Game Over nicht gleich weinend zu Mami laufen. Dafür gibt’s 93 von 100 nötigen Cells, 5 von 5 perfekt geblockte Attacken und 10 von 10 bittersüße Tode obendrauf.

PS:  Die im Anschluss an die PC-Version getestete Switch-Version hat sich als wunderbarer Wegbegleiter für unterwegs bewiesen. Aus technischer Sicht müsst ihr hier jedoch mit einigen Slow-Downs Vorlieb nehmen – diese passieren sehr selten und nur in absoluten “Overkill”-Sequenzen. Insgesamt also ein mehr als ordentlicher Port auf die Nintendo Konsole!